#16
FLYING FALLS

HD-Video, 23', Loop, 2012

9 Sequenzen zur Erhabenheit und Fragilität der isländischen Natur

In langen, ruhigen Kameraeinstellungen sind scheinbar endlos schwebende Szenarien zu sehen, die teilweise natürliche Veränderungen zeigen, teilweise Spuren der Energie-Ausschöpfung.

Bildverzeichnis

Tiefbohrungsprojekt IDDP-1, Aushubstelle bei Krafla, Mývatn



Krafla ist ein Vulkansystem von ca. 100km Länge im Norden Islands, die Bohrung befindet sich zwischen Leirhnjúkur and dem Víti Krater inmitten der aktiven Geothermalregion. Ziel war es, 4500m in die Tiefe zu bohren, um Energie und Chemikalien aus einem Hochdruck-Hydrothermalsystem zu gewinnen. In 2008 begannen die Arbeiten, 2009 stieß man in ca. 2100m auf Magma. Das Konsortium bestehend aus den Firmen Landsvirkjun, Orkuveita Reykjavíkur, HS Orka, Orkustofnun, Alcoa und Statoil brach das Tiefbohrungsprojekt an dieser Stelle ab. Der momentan entweichende Dampf aus diesem heißesten Bohrloch der Welt hat eine Temperatur von 330°C bei 140 bar Druck.

Gunnuhver und Geothermalkraftwerk Suðurnes



Gunnuhver ist ein Hochtemperaturgebiet auf der Halbinsel Reykjanes. Die Temperaturen unter den Quellen betragen über 300° C. Es entstand 1967 durch Erdbeben und damit verbundene Krustenbewegungen. Die Energie des Vulkansystems wird in einem Geothermalkraftwerk, dem Suðurnes-Kraftwerk, genutzt. Durch die Bohrtätigkeiten für das Geothermalkraftwerk steigerte sich die Aktivität der Fumarolen (vulkanische Dampfaustrittsstellen) enorm. Der Vulkan ist ab 2006 aktiver geworden, zudem gab es Explosionen in der Quelle, die das Gebiet unbetretbar machten.

Jökulsá á Brú



Ein Gletscherfluss im Osten Islands, ursprünglich der „schmutzigste Fluss Islands“, der in einer Stunde etwa 120 Tonnen Gestein und Geröll in Richtung Nordatlantik transportierte.
Heute werden 25 km seiner ursprünglichen Länge von 150km im Hálslón-Stausee des Kárahnjúkar-Staudamms abgeleitet und er gelangt über den Lagarfljót in Richtung Meer. Der Stausee speist das Kraftwerk Fljótsdal, das den Strom für die Aluminiumschmelze des US-Konzerns Alcoa in Reydafjördur produziert. Damit ging seine Wassermenge von 205m³/s auf 95m³/s zurück. Normalerweise lässt das Schmelzwasser aus dem Hochland die Gletscherflüsse im Sommer kontinuierlich anschwellen. Doch die Jökulsá bekommt nur einmal im September einen kräftigen Schwall Wasser ab – dann nämlich, wenn das Überlaufwasser aus dem Staudamm abgelassen werden muss, was wiederum zu Überschwemmungen führt.

Wasserfälle



Kleine Wasserfälle in der Nähe des großen Seljalandsfoss im Süden Islands. Direkt an der Ringstraße zwischen Hvolsvöllur und Skógar.

Der Große Geysir



Der Große Geysir ist der älteste bekannte und noch gelegentlich aktive Geysir. Das Geothermalfeld in Biskupstungur und der Große Geysir sind wahrscheinlich über 8.000 Jahre alt. Er ist Namensgeber für alle Springquellen dieser Art, abgeleitet von dem isländischen Wort gjósa (deutsch hervorsprudeln). 1630 gab es  nach einem Erdbeben die erste schriftlich belegte Eruption. Er spritzte mal in regelmäßigen, mal in unregelmäßigen Abständen in unterschiedlichen Höhen, bis zu 60 Meter hoch. Bei den tektonischen Bewegungen im Gestein werden Leitungen blockiert, durch die sich das erhitzte Grundwasser seinen Weg bahnt. Bei Erdbeben entläd er sich. Der Geysir wurde 1896 durch ein starkes Erdbeben vorübergehend noch einmal aufgeweckt und spritzte ein- oder zweimal täglich höher in die Luft als zuvor. 1916 stellte er seine Aktivität ein. Nur die zweimalige Senkung des Wasserspiegels durch Graben einer Abflussrinne konnte ihn aufgrund der damit verbundenen Druckentlastung kurzzeitig wieder aufwecken, dann behalf man sich mit Seife: Bis 1992, als Umweltschützer mit ihrem Einspruch Erfolg hatten, wurde der Geysir ein paar Mal im Jahr durch Zugabe von 40kg Seife offiziell in eine Waschküche verwandelt und zur Eruption angeregt. Er wurde unter Naturschutz gestellt und acht Jahre regte er sich nicht. Im Juni 2000 erschütterte das stärkste Erdbeben seit 1912 Südisland und vier Tage später schoss eine etwa 40 m hohe Wasserfontäne aus dem flach hügeligen Geysirbecken. Danach erlahmte er wieder. Durch das nächste Erdbeben in 2008 spritzte er 2-3x täglich im darauffolgenden Sommer. Momentan meldet er sich nur durch ein gelegentliches Aufwallen und Zischen. Aus den im erhitzten Wasser gelösten Mineralien bildete sich um die Quelle herum ein großer Trichter mit Sinterterassen.

Húsey



Húsey liegt 60 km nördlich von Egilsstaðir im Héraðsflói-Gebiet zwischen zwei Gletscherflüssen, der Jökulsá á Brú und dem LagarfIjót, die beide ins Meer münden. Húsey liegt nur wenige Meter über dem Meeresspiegel im Mündungsdelta. Der Bau des Kahranjukar-Staudamms, 120km entfernt im Hochland, hat durch die Stauung der zwei Flüsse tiefgreifende Folgen in dieser Tiefebene. Gesteigerte Bodenerosion und Veränderung der Küstenlinie, Überschwemmung der mühsam begrünten Sandflächen, Verringerung des Seehundbestands in der Bucht, Wegfall von  Nahrung für das gesamte, artenreiche Tierleben, Wegfall von Transportwegen für die Menschen.

Türberg und Lagarfljót



Die Türberge (1136m) sind ein Gebirgszug westlich von Borgarfjörður und östlich der Gemeinde Fljótsdalshérað. Ihren Namen Türberge haben sie von dem Einschnitt Dyr, 856m hoch, der wie ein Tor geformt ist. Dessen Grund ist im oberen Teil vergletschert. Das Gebirge gehört zu den ältesten Teilen Islands und entstand vor etwa 12 Millionen Jahren, als dieser Teil der Insel über dem Hot Spot lag. Es wird gesagt, dass die Elfenkönigin Islands, Borghildur, dort wohnt. Noch in Höhen oberhalb von 1100m wurden 17 Blumenarten gefunden.
Durch den Kahranjukar-Staudamm wird das Wasser des Jökulsa á Brú in den langsam fließenden Jökulsa á Dal umgeleitet, der in Islands längsten See, den Lagarfljót, mündet. Der ehemals ruhige, blau-silbrige See, eine Touristenattraktion, ist inzwischen trübe, dreckig und grau geworden. Das Licht gelangt nicht mehr so tief wie vorher in das Wasser, die Photosynthese ist dadurch eingeschränkt, das bedeutet weniger Nahrung für die Fische. Die Sicht reichte vorher bis auf 60cm, jetzt sind es 17cm. Es gibt weniger Fische im Wasser und sie sind kleiner geworden. Die Anwohner sind mit massiver Bodenerosion konfrontiert, aufgrund der erhöhten Wassermasse und -stärke.

Seltún



Ein Solfatarenfeld im aktiven Vulkansystem  Krýsuvík auf der  Reykjanes-Halbinsel in Island. Solfataren sind 100 bis zu 250 °C heiße postvulkanische Exhalationen von Gasen, die hauptsächlich Schwefelwasserstoff (H2S), Kohlenstoffdioxid (CO2) und Wasserdampf enthalten. In der Mitte des 20. Jh. gab es Pläne, das Geothermalfeld für Energieproduktion zu benutzen und Seltún wurde zu einem der Hauptbohrungsziele. Ein Bohrloch wurde in den 1990er Jahren gesetzt und versorgte die Stadt Hafnarfjörður mit Energie. 1999 explodierte die Anlage allerdings und seither wird das Geothermalgebiet nicht mehr wirtschaftlich genutzt. Ein Bohrloch bricht seit 2010 immer mal wieder aus. Ein anderes Bohrloch explodierte in 1999 und formte einen Krater von 30m Durchmesser, der jetzt mit Schlamm gefüllt ist, und in dem Dampf aufsteigt.
Seit einem Erdbeben im Juni 2000, dem schwersten Südlandbeben seit 1912, ist Seltún ruhiger als zuvor, der größte Hexenkessel zischt nicht mehr. Seltún hat sich in den letzten Jahren verändert. Die geothermale Aktivität ist deutlich angestiegen, es steigt mehr Dampf mit höheren Druck auf, der Wasserspiegel des Sees sei gestiegen. Nach der aktuellen Erdbebenserie gibt es Medienberichte, dass sich die Aktivität der Geothermalfelder erneut erhöht haben soll. Geologen vermuten einen Zusammenhang mit einem möglichen erneuten Vulkanausbruch.

Hveragerði

Hveragerði ist eine Stadtgemeinde im Süden von Island etwa 40km östlich von Reykjavík mit 2315 Einwohnern. Als einzige Stadt in Island befindet sich ein Feld heißer Quellen inmitten der Häuser. Geothermal genutzt werden im Ort 4 etwa 300m tiefe Bohrlöcher, die 180° warmes Wasser fördern. Im „Garten der heißen Quellen“ (Übersetzung des Stadtnamens) gibt es zahlreiche Gewächshäuser, in denen Blumen, Pflanzen, Obst und Gemüse angebaut wird. In den Treibhäusern wachsen sogar Bananen, Kakteen, Orangen, Feigen, etc.
Der Strom aus den Oberleitungen, die die Landschaft durchziehen, stammen vom nahe gelegenen Hellisheiði Kraftwerk, das neueste der 5 Geothermalkraftwerken in Island. Der Abfluß des Geothermalwassers ist kompliziert. Das größte Problem dabei sind die Silica-Ablagerungen, die Bohrlöcher und Rohre verstopfen. Wenn ein Bohrloch ausgehoben wird, können Risse und Brüche entstehen. Der Druck des Wassers, das in das Loch zurück geführt wird, kann diese Bruchstellen verstärken und Erdbeben verursachen. Experimente, dieses geothermale Nebenprodukt wieder in die Erde einzubringen, wo es ursprünglich her kam, werden noch getätigt. Diese Experimente führten zu Erdbeben im benachbarten Hveragerði.

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